Brasilien: Poesie, Rap und Kultur

Laetitia Rossi. Übersetztung von Mélody Lacouture
21 Mars 2015



Circuit Carioca de Rythme et Poésie (CRPS), das „brasilianische Netzwerk für Rhythmus und Posie“ ist ein kulturelles Kolletiv in Rio de Janeiro. Es wurde 2010 gegründet und hat die Verbreitung von Musikbegegnungen quer durch die Stadt erlaubt, die anfänglich informell waren. Heute finden diese „rodas culturais“ wöchentlich in 8 Stadtteilen der Hauptstadt statt. So wie der Hip-Hop in der DNA dieses Projekts enthalten ist, hat sich dieses in der städtischen Kultur verbreitet.


Kredit DR
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CRPS ist eine völlig unabhängige Bewegung, die aus einer Bürgerinitiative entstanden ist: jungen Leuten, die wegen des Mangels an finanziellen Mitteln und Struktur angefangen haben, die Straßen als Ort für künstlerischen Ausdruck zu nutzen. Nach dem Erfolg eines ersten Ereignisses 2010 im Stadtteil Bofago haben sich andere städtische Kulturbegegnungen schrittweise durch die Stadt verbreitet. In diesem Jahr wurde das CRPS-Kollektiv gegründet, was eine bessere Organisation der Ereignisse und eine Verbesserung der Informationsverbreitung, vor allem über soziale Netzwerke, ermöglichte. Die Begegnungen, die von dem Kollektiv organisiert werden, bestehen vor allem aus Rapwettkämpfen und Bühnen, die für alle offen stehen.

Das Kollektiv hat nicht nur die Kultur des Reimens und der Improvisation verbreitet sondern auch die städtische Kultur als Ganzes: Graffiti, Kunst, Skateboard und Tanz sind bestimmten Stadtteilen zugeteilt. Der Zutritt ist kostenlos. Das Ziel ist nämlich, den Zugang zur Kultur zu demokratisieren und diese durch Einnehmen des öffentlichen Raumes dahin zu bringen, wo sie nicht oder nur wenig vertreten ist. Das zeigt der Farani Platz in Botafogo gut. In diesem Ort, wo damals harte Drogen genommen wurden, hat sich die Atmosphäre total verändert, nachdem er der erste Ort war, der der  berühmten ersten „roda de rima“ als Bühne  gedient hat.

Der Platz ist ein Ort für künstlerische Darbietung und Sozialisierung geworden. Das heute sehr aktive Netzwerk versammelt jede Woche im Durschnitt zwischen 5 000 und 8 000 junge Leute in den 8 Stadteilen: Bangu (im Moment wegen der Präsenz der Milizen unterbrochen), Manguinhos am Montag, Botafogo am Dienstag, Freguesia und Méier am Mittwoch, Villa Isabel und Recreio am Donnerstag sowie Lapa am Samstag. Das „rodas culturais“-Phänomen hat sich noch mehr ausgebreitet, denn ungefähr 60 verschiedene Orte quer durch den ganzen Rio de Janeiro Staat, wie Macacé, Teresopolis und Petropolis, um einige zu nennen, empfangen jetzt diese Kulturveranstaltungen.

Kredit DR
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Anlässlich des 4. Geburtstags des CRPS hat das Kollektiv im letzten November im Stadtteil Lapa ein Festival organisiert. Zu seinen Themen zählte nicht nur die Kultur des Rhythmus und des Reimes, sondern auch der Zirkus, das Kino, das Handwerk und die Kunst als Ganzes. Der Zutritt war auch dort kostenlos. Die Ziele dieses Ereignisses waren nämlich, zur Verbreitung der regionalen städtischen Kultur beizutragen, kulturelle Güter und Dienstleistungen zugänglich zu machen und das Lesens und die Handschrift zu fördern.

Berufliche Gelegenheiten

Über den spielerischen Aspekt hinaus bieten diese Ereignisse den Teilnehmern die Möglichkeit, ein berufliches Netzwerk aufzubauen: der Musiker trifft den Produzent und der Grafiker den Leiter einer Kunstgalerie. Alles in allem handelt es sich um einen Ort der Begegnung zwischen Gewerbetreibenden. Die Arbeit der CRPS hat auch erlaubt, Nachwuchstalente zu entdecken, und manchen Künstlern bei derEntwicklung ihrer beruflichen Laufbahn geholfen, denen es an finanziellen Mitteln oder an Kontakten in der Musikindustrie fehlte.

Ein Wunsch nach Vielfältigkeit

Die Idee dieser Ereignisse ist, die städtische Kultur (und nicht nur den Rap) in der kulturellen Landschaft Rio de Janeiros anzusiedeln. Es geht aber auch darum, die brasilianische Kultur in dieses Musikfach einzufügen. Hier findet man den Wunsch, sich vom Stereotyp des Hip-Hops abzugrenzen, wo die Frau oft wie ein sexuelles Objekt präsentiert wird. Kultureller Produzent Djoser Botello Braz, der auch Mitglied und Gründer der CRPS ist, erinnert daran, dass der Reim und die Improvisation seit langer Zeit in der brasilianischen Musik (beispielsweise in der Samba) anwesend sind und nicht nur den amerikanischen Nachbarn vorbehalten sind. Diese Originalität bildet sich beispielsweise durch den Einsatz von Instrumenten und Rythmen, die aus der  Musik der Landestradition stammen.


2012, also 2 Jahre nach der Gründung des CRPS und angesichts des unbestreitbaren Ausmaßes dieses städtischen Phänomens, hat das Rathaus beschlossen, mit dem Kollektiv Gespräche aufzunehmen. Der Bürgermeister von Rio de Janeiro, Eduardo Paes, hat sich näher dafür interessiert, was auf der Straße los war und er hat die Mitglieder des CRPS einberufen. Diese haben dem Bürgermeister ihr Projekt vorgestellt, was ihm gefallen hat. Er hat das Entwicklungsprogram des Rhythmus und der Poesie – oder pacto do rap – unterzeichnet, was die CRPS finanziell und strukturell offiziell anerkennt.

Eixo Rio, das intermediäre Institut zwischen den Staatsorganen und der städtischen Kultur, wurde jedoch erst ein Jahr später gegründet. Renato Rangel, eines der Mitglieder, erklärt seine Rolle als Vermittler, was das Einnehmen des öffentliches Raumes und des Zusammenlebens betrifft: „Es gibt ein offizielles Regelwerk, , das abwägt zwischen den Bedürfnissen der Künstler und Zuschauer und dem, was die Staatsorgane am Besten für sie tun können. Dieses Gespräch muss den Teilnehmern erklären, dass es ein paar Regeln,vor allem Zeitpläne, zu respektieren gibt, damit das Rathaus den Zugang zu den öffentlichen Orten frei machen kann. Um alle und vor allem die Einwohner des Stadtteils zu befriedigen, gibt es Zugeständnisse. Die Idee ist, dass der Carioca, der Einwohner Rios, unter Respekt des Anderen den öffentlichen Raum genießt und, dass er sich in diesem entwickelt und erkennt. Heute findet Rio de Janeiro seine kulturelle Berufung auf der Straße wieder.“ Letzten Endes hat dieses Gespräch die Repression der Ereignisse des CRPS verringert aber im Moment wurden keine Zuschüsse von den Staatsorganen gewährt.

„Heute wird alle Revolution durch Kunst erreicht. Oft sage ich meinen Freunden, dass eine Kamera eine Waffe ist und, dass man jeden Tag die Vorstellungskraft entwickeln muss, weil es dank der Kunst möglich ist, die Realität zu verändern“ sagt das CRPS-Mitglied Djoser.

 


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