Zoophilie – trotz gesellschaftlicher Tabus nicht mehr zu ignorieren

Über die Folgen des neuen Tierschutzgesetzes in Deutschland

1 Juin 2013


Im Februar dieses Jahres stimmte der Bundesrat einer vom Bundestag erarbeiteten und verabschiedeten Novelle zum Deutschen Tierschutzgesetz zu. Nach 34 Jahren wird Zoophilie, der Fachausdruck für das sexuelle Hingezogensein zu Tieren, wieder gesetzlich bestraft. Unter Vertretern von zoophilen Vereinigungen sowie Tierschützern und Tierärzten herrscht weiterhin Aufruhr.


Es handelt sich eindeutig um ein gesellschaftliches Tabuthema, doch schon wenige Klicks können einen nichts ahnenden Internetnutzer zu schockierenden und abstoßenden Bildern führen. Selbst eine unpräzise Googlesuche hat zahlreiche Artikel, Blog- und Chateinträge zum Thema Zoophilie zum Ergebnis.

Im Winter 2012 ist die auch genannte Sodomie in der deutschen Politik aufgetaucht, da in Deutschland im Gegensatz zu seinen Nachbarländern Schweiz, Frankreich und den Niederlanden kein explizites gesetzliches Verbot von sexuellen Handlungen mit Tieren bestand. Seit einer Strafrechtsreform von 1969 stand es nur noch unter Strafe, « Wirbeltieren erhebliche Schmerzen oder Leiden zuzufügen ».

Nachdem sich die Hinweise und Petitionen von Tierärzten und Tierschützern gehäuft hatten, beschloss der Bundestag im Dezember letzten Jahres zu reagieren. Zoophile Handlungen haben nun den Status einer Ordnungswidrigkeit und werden mit einem Bußgeld von bis zu 25000 Euro geahndet.

Nach der Verabschiedung des neuen Tierschutzgesetzes ist insbesondere die Vereinigung ZETA (Zoophiles Engagement für Toleranz und Aufklärung) ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Die Organisation, welche nach eigenen Angaben 100000 Zoophile in Deutschland vertritt, hat angekündigt, Verfassungsbeschwerde gegen die Gesetzesnovelle einzulegen. Michael Kiok, der Vorsitzende der ZETA, welcher in einer Beziehung mit seinem Hund Cessie lebt, kritisiert, es sei unverhältnismäßig eine intime Beziehung mit einem Tier nicht aber dessen grausame Tötung zu ahnden.

Der Deutsche Tierschutzbund fordert dagegen eine härtere Strafe. Sie wollen, dass Zoophilie als Straftatbestand behandelt wird und betonen, gestützt auf Untersuchungen von Tierärzten und Verhaltensbiologen, dass Tiere nicht für sexuellen Kontakt mit Menschen geschaffen sind.

Hans-Michael Goldmann (FDP), Tierschutzexperte im Bundestag und Vorsitzender des Agrarausschusses, hat an der Ausarbeitung des neuen Gesetzes im Agrarausschuss mitgewirkt. Das Journal International hatte die Möglichkeit, Herrn Goldmann ein paar Fragen zu der Gesetzesnovelle und dem Phänomen der Zoophilie zu stellen.

Mit einer kürzlich beschlossenen Gesetzesnovelle zum Tierschutzgesetz wird Sodomie zur Ordnungswidrigkeit. Sollte man Ihrer Meinung nach Sodomie in Zukunft in Deutschland zum Straftatbestand zu machen?

Es sei klargestellt, dass wir das Tierschutzgesetz zum Wohle der Tiere verbessert und kein Strafgesetz gemacht haben. Deswegen finde ich es richtig, dass die Zoophilie als Ordnungswidrigkeit belangt wird.


Wird durch Zoophilie grundsätzlich Tieren physischer und psychischer Schaden zugefügt oder gibt es auch harmlose Formen der Zoophilie?

Nach dem novellierten Tierschutzgesetz ist es verboten, ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen und es Dritten zu diesen Zwecken zur Verfügung zu stellen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen. Mir ist auch aus Gesprächen mit Tierärzten bekannt, dass die vor der Novellierung bestehenden Regelungen nicht ausreichten, Tiere vor artwidrigen Übergriffen durch sexuelle Handlungen des Menschen zu schützen. Es darf nicht sein, dass jemand einem Tier Schmerzen und Leiden, die zu Verhaltensstörungen führen können, zufügen kann, ohne dass er dafür belangt wird. Mit dem expliziten Verbot wird die Ahndung erleichtert und der Schutz der Tiere erhöht.


Halten Sie Zoophilie für ein akutes Problem in Deutschland? Gibt es viele zoophile Vereinigungen und Treffen im Untergrund, bei denen Tieren Leiden zugefügt werden?

Zoophilie ist in Deutschland auf jeden Fall ein tierschutzrelevantes Problem. Darauf weisen nicht nur Tierschützer, sondern auch Tierärzte hin. Es gibt Vereinigungen von zoophilen Menschen, ein Vertreter vom Verein ZETA schätzt die Zahl der Betroffenen in Deutschland auf 100.000. Ein Blick ins Internet reicht, um zu erfahren, wie groß das Angebot an einschlägigen Foren und Chats ist.


Was sagen Sie zum Einwand des ehemaligen Verfassungsrichters Winfried Hassemer zum neuen Tierschutzgesetz, man dürfe Moral nicht durch Gesetze regeln?

Das Zoophilie-Verbot wurde nicht aus moralischen Erwägungen, sondern aus Tierschutzgründen eingeführt.


Ist Zoophilie ihrer Meinung nach ein von Natur aus gegebener sexueller Trieb?

Zoophilie ist nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (10. Revision, German Modification, Version 2013) eine Störung der Sexualpräferenz. Das ist eine fachlich fundierte Bewertung, der ich mich anschließe.


Wie erklären sie sich die lange Untätigkeit und Passivität der deutschen Politik in diesem Bereich, während Zoophilie in Ländern wie GB und Frankreich seit Jahren als Straftatbestand gilt?

Bei solch einem Tabuthema wie Zoophilie muss man sich nicht wundern, dass es jahrelang nicht auf der politischen Agenda stand. Die christlich-liberale Koalition hat sich die Hinweise und Sorgen der Tierschützer und Tierärzte zu Herzen genommen und im Zuge der Änderung des Tierschutzgesetzes dieses Themas angenommen. Wir haben eine gute Lösung zum Schutz unserer Mitgeschöpfe gefunden.



Was sind Ihre zukünftigen politischen Ziele in diesem Themenbereich?

Ich halte die neue Regelung zur Zoophilie für angemessen und gut für die Tiere. Ich werde weiterhin im Kontakt mit der Tierärzteschaft bleiben, die mich auf die tierschutzrelevanten Probleme der Zoophilie hingewiesen hat, und mich nach den Erfahrungen aus der veterinärmedizinischen Praxis erkundigen.

Das Journal International dankt Herrn Goldmann für die ausführliche Beantwortung unserer Fragen.



Je suis Manuel, étudiant ERASMUS en Droit à l'Université Lyon II. Je viens d'Allemagne mais j'ai… En savoir plus sur cet auteur