Estland: was hat sich durch die Parlamentswahlen geändert?

Carolina Duarte de Jesus Übersetzt von Aline Tarmann
18 Mars 2015


Die Estländer haben sich heute in die Wahllokale begeben, um ihren Premier Minister und die Zusammensetzung des Riigikogu zu wählen. Die Reformpartei, die seit 2005 an der Macht ist, könnte, zugunsten einer pro-russischen Partei, auf die Mehrheit verzichten. Die Estländische Mittelpartei, die von dem Bürgermeister von Tallinn geführt wird, ist auf der Lauer und Umfragen stehen ganz oben auf der Tagesordnung, jedoch kommt eine mögliche Koalition nicht Frage. Versprechen diese neuen Wahlen eine Veränderung?


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Als kleines Land im Nord-Osten Europas, befindet sich Estland auf halbem Wege zwischen Russland und Finnland, die historischen Einflüsse sind also vielfältig - was auch erklärt, dass fast 25% des Bevölkerung Russisch ist. Das Land gehört seit 2004 zur Europäischen Union und zu den meist entwickelten Länder Europas, da es gegenüber den Bürgerfreiheiten, der Pressefreiheit und der wirtschaftlichen Freiheit eine hohe Stellung hat.

Politisch gesehen, ist Estland eine repräsentative parlamentarische Demokratie, die in 15 Kantone geteilt ist. Die Parlamentswahlen sind also für das Land ausschlaggebend, da der Premier Minister dabei gewählt wird. In gleicher Weise, wird der Präsident der Republik, und andere hohe Staatsbeamte von dem Parlament, das Riigikogu benannt wurde, ernannt. Diese Wahlen finden alle vier Jahre statt, insgesamt gibt es verhältnismäßig 101 Abgeordnete. Dieses Jahr, sind 876 Kandidaten vorhanden, und die Wähler haben das Recht, auf ihren Wahlzetteln, in „bevorzugter Reihenfolge“ abzustimmen.

Die Koalition und die Opponenten: die aktuelle politische Situation

Es ist seltsam festzustellen, dass von den vier Parteien, die an der Macht sind, keine sich als Rechts- oder Linkspartei sieht. Sie haben sich alle selbst als Mittelparteien ernannt, Mitte-links oder Mitte-rechts.

Die Partei, die im Parlament die meisten Vertreter hat, und von der auch der Premier Minister entspringt, ist die Reformpartei Estlands, die eine klassische liberalistische Ideologie unterstützt. Seit 2005 ist die Partei an der Macht, und ihre Beliebtheit scheint immer noch aktuell zu sein. Die Partei bleibt eine seriöse Kandidatur für die heutigen Parlamentswahlen und sie bildet derzeit mit der sozial-demokratischen Partei, die 2007 in das Parlament eingezogen ist, eine Koalition. Auf der Seite der Opponenten, befindet sich die estländische Mittelpartei, die als ein Außenseiter der Wahlen gesehen wird und sich nahe der russischen Minderheit befindet. Im Falle eines Wahlsieges, kann die Partei auf die Unterstützung der Pro-Patria- und Res-Publica  Union zählen, die für einen konservativen Liberalismus Stellung nimmt, und die wie die sozial-demokratische Partei, 2007 zum ersten mal im Riigikogu gewählt wurde. Die Unabhängigkeit strebenden dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden. Sie haben während den letzten Wahlen sechs Sitze erworben und machen regelmäßig, was die Wahlabsichten angeht, Fortschritte.

 

Wirtschaft: die Hauptfrage des Wahlkampfes für die Parlamentswahlen

Estland hat die niedrigste Staatsverschuldung Europas, 10,4 % des BIP’s — wohingegen der Durchschnitt der europäischen Union, einem Prozentsatz von 92,6 % entspricht — das Staatsdefizit erreicht sogar - 0,1 %. Die Reformpartei nimmt diese Erfolge für sich in Anspruch, so wie zum Beispiel das Wirtschaftswachstum von 2,7 % und die Arbeitslosigkeit, die einem Prozentsatz von weniger als 7 % entspricht. Alle diese Zahlen sprechen für sich, und somit haben es die Kandidaten während dem Wahlkampf leichter. Dank dieser Faktoren, zusätzlich der sozialen Faktoren, rückt das Land seinen nordischen Nachbaren immer näher, und dies ist auch das Ziel des Premier Ministers Taavi Roivas, der am 17 Januar angekündigt hat, dass er als Hauptziel hat, ein „nordisches und liberales Estland“ aufzubauen. „ Wir wollen, dass Estland als ein nordisches Land anerkannt wird. Ein Land mit einem nordischen Lebensstandard und Sicherheitsniveau, das die Welt führt, ein führendes Land, wenn es um die individuelle Freiheit und die wirtschaftliche Sicherheit geht“.

Die sozial-demokratische Partei, deren Führer Sven Mixer ist, stützt ihre Wahlkampfkampagne auf sozioökonomische Maßnahmen, wie zum Beispiel Gehaltserhöhung. Zum selben Thema, will die Pro-Patria- und Res-Publica Union Maßnahmen einführen, die die wirtschaftliche Sicherheit maßregeln. Sie schlagen zum Beispiel für die Estländer, die weniger als 500€ pro Monat verdienen, eine Steuerbefreiung vor. Juhan Parts, der von 2003 bis 2005 ehemaliger Premier Minister war, präsentiert sich als Spitzenkandidat. Schlussendlich, traut sich die Mittelpartei zum Thema soziale Maßnahmen noch ein wenig mehr, und schlagt einen Mindestlohn von 1 000€ pro Monat vor, um somit die Auswanderungswellen, die 2000 begonnen haben kritisch zu werden, zu vermeiden. Jedoch ist die Partei, wie die anderen, dem Kreml zu nahe, und keine Partei wäre dazu bereit eine Koalition einzugehen, darüber waren sich alle einig.

Es ist letzten Endes auch wichtig anzumerken, dass aufgrund der zahlreichen international Beziehungen die das Land pflegt, nicht nur mit den Nachbarländer, sonder auch mit der europäischen Union, die Verteidigung ebenfalls ein zentrales Thema dargestellt hat. Auch wenn 60% der Estländer nicht denken, dass es ein diplomatisches Konflikt geben könnte, wurde über die vor kurzem geschehenen Ereignisse gegenüber Russland diskutiert, denn es gibt angesichts der Absichten Russlands im Baltikum dennoch Zweifel.

Gemäß den Umfragen, die von TNS Emor veröffentlicht wurden, ist die Reformpartei wieder einmal an der Spitze der Wahlabsichten, gefolgt von der Mittelpartei und der sozial-demokratischen Partei. Ergebnisse, die wenn sie sich verwirklichen, die Mittelpartei, hinsichtlich der Ablehnung der reformistischen Partei eine Koalition einzugehen, auf die Seite der Opponenten befördern.