Deutschland : ein Tag in München am Oktoberfest

Wo das Klischee vor allem stark alkoholisierte Menschenmassen vorsieht, bieten die Münchner eine vielfältige Schau traditionell bayrischer Trachten: das Dirndlkleid für die Frauen und die Lederhose für die Männer. Manche sind sehr typisch, andere sehr modernisiert. Pfennigabsatz und Leopardenmuster verdrängen manchmal Kniestrumpf und Karohemden.

Dieses bezaubernde Spektakel bayrischen Stolzes zaubert ein Lächeln gleichsam in die Gesichter der Münchner und der Touristen. Was auffällt ist die Heterogenität der Teilnehmer, die die bayrischen Landesfarben tragen: es gibt zahlreiche Eltern mit ihren Kindern neben eng umschlungenen Paaren jeden Alters,  vor allem aber tragen auch hunderte Jugendliche stolz die Lederhose. Etwas, das wir Franzose ganz selten sehen. Die französische Jugend ist doch eher reserviert, was regionale Traditionen anbelangt.

Nach einem kurzen Überblick über Münchner Leben und Fröhlichkeit ist es Zeit für das Oktoberfest. Die Sonne scheint grell über den Stoff  der vierzehn weißen Zelte, die für viele das vollendete Eldorado sind. Dort fließen nicht weniger als 6 Millionen Liter deutsches Bier jedes Jahr im Zeitraum von drei Wochen.

Touristen, die nur gekommen sind, um Bier zu trinken, können erstaunt sein, das enorme Volksfest zu entdecken. Das Oktoberfest beschränkt sich nicht auf Bier. Sonst wäre "Bierfest" eine bessere Bezeichnung. Nein, das Oktoberfest ist auch ein zwei Quadratkilometer großes Volksfest, das hunderte Karussells und Attraktionen bietet. Zahlreiche Buden bieten auch das Würstchen in all seinen Erscheinungsformen, denn nichts desto trotz bleiben wir in Deutschland. Die bekannte Currywurst  soll man nicht verpassen: knusprig gebacken mit Curry bestreut und mit Ketchup bedeckt, werden oft Pommes Frites oder Brötchen als Beilage gereicht.

Dort kennt der Opportunismus seine Grenzen: ohne Reservierung hat man keinen Zugang zu den Festzelten, wenn man es nicht mit ein bisschen Gewalt versucht. Die Menschenmenge ist mehr als dicht und offensichtlich durstig, weshalb nur jene, die wirklich Kraft und Ellenbogenfertigkeit beweisen, sich einen Weg durch die Menge bahnen können. Und nicht ohne Kolateralschäden. Hinter den Zeltwänden kann jeder, der eine der wertvollen Karten besitzt, eine Maß Bier und ein halbes Brathähnchen ergattern. Die Basis.
Das nächste Mal, jedoch. In der Schlange können manche Freundschaften jedoch helfen. Von ein paar nicht mehr ganz nüchternen Deutschen erfahre ich vom weißen Karussell, einem seltsamen Treffpunkt  enttäuschter Touristen.
 
 

Eine weitere Überraschung des Oktoberfests ist eben dieses weiße Karussell, das den Ankommenden ein Bier nach dem anderen ausschenkt. Die Deutschen spielen den Touristen sogar einen kleinen Streich: das Karussell wird in Gang gesetzt, was  jedoch keinen echten Bierliebhaber aufhalten kann. Im Karussell treffen sich alle, die keinen Zugang zu den Festzelten hatten. Letztlich ist es hier, wo man die interessantesten Bekanntschaften macht. Das sich drehende weiße Karussell ist kein Trinkgelage, wie viele glauben mögen, sondern eine interkulturelle Begegnung in rot-goldener Umgebung. Langsam entsteht ein multilinguistischer Austausch;  erst Deutsch, dann Französisch, und schlussendlich Englisch, als ein serbisches Paar spontan dazustößt.

Letztlich ist das Oktoberfest der Treffpunkt für Bierliebhaber, Freunde großer Emotionen oder einfach nur Familien. Das dominante Gefühl ist jedoch der bayerische Stolz, den jeder Tourist spürt. Mit oder ohne gutes Bier findet das Oktoberfest in fröhlicher und gut gelaunter Atmosphäre statt, wo Münchner und europäischen Touristen gemeinsam feiern.
Wer am 181. Oktoberfest teilnehmen möchte, muss wissen, dass das Münchner Oktoberfest vom 20. September bis zum 5. Oktober 2014 stattfinden wird. Aber auch anderswo  in ganz Süddeutschland wird gefeiert, z.B. in Ulm oder Stuttgart.